Darmkrebs (kolorektales Karzinom)
- Darmkrebs ist in Deutschland bei Frauen die zweithäufigste und bei Männern die dritthäufigste Krebserkrankung.
- Viele Betroffene sind bereits älter, wenn sie an Darmkrebs erkranken, es gibt aber auch jüngere Darmkrebspatientinnen und -patienten. Bei manchen von ihnen liegt Darmkrebs in der Familie.
Dick- und Enddarmkrebs
In den folgenden Texten geht es um Dick- und Enddarmkrebs, das kolorektale Karzinom. Nicht thematisiert sind andere Tumoren des Darms, beispielsweise Dünndarmkrebs.
Darmkrebs entsteht in der Schleimhaut im Darminneren
Den Begriff Darmkrebs benutzt man vor allem für Tumoren, die im Dickdarm oder Enddarm liegen. Krebs kann aber auch in allen anderen Darmabschnitten entstehen. Mehr als 95 von 100 aller Darmtumoren liegen allerdings im Dick- oder Enddarm. Bösartige Geschwulste im Dünndarm sind dagegen selten.
Dick- und Enddarmkarzinome gehören zu den sogenannten soliden Tumoren: Diese Krebsarten gehen von Zellen eines einzelnen Organs aus. Ihnen gegenüber stehen Leukämien und Lymphome: Sie betreffen von Anfang an den gesamten Körper, da sich die betroffenen Zellen über das Blut oder die Lymphbahnen verteilen. Aber auch Zellen solider Tumoren können unter Umständen im Körper wandern: Erlangen die Krebszellen die Eigenschaft, sich aus ihrem Verband zu lösen und an anderen Stellen im Körper anzuwachsen, dann bilden sich sogenannte Fernmetastasen.
Darmtumoren gehen bei den meisten Patienten von den Drüsenzellen der Schleimhaut aus, die das Darminnere auskleidet. Diese Krebsarten werden auch als Adenokarzinome bezeichnet. Seltener entstehen Tumoren im Darm, die nicht zu Darmkrebs im eigentlichen Sinn zählen. Sie gehen von anderen Geweben im Darm aus:
- Gastrointestinale Stroma-Tumoren (GIST) werden den Weichteilsarkomen zugeordnet. Sie entstehen nicht aus der Darmschleimhaut, sondern aus Vorläuferzellen des Binde- und Stützgewebes. Sie können im gesamten Magen-Darm-Trakt vorkommen; am häufigsten werden sie im Magen und Dünndarm diagnostiziert, seltener auch im Dickdarm. Weitere Informationen bietet der Text Gastrointestinale Stromatumoren.
- Das MALT-Lymphom ist eine bösartige Erkrankung des Lymphgewebes, die unter Umständen auch in der Darmwand entstehen kann. Es zählt zu den Non-Hodgkin-Lymphomen und wird wie diese behandelt. Informationen hierzu hat der Krebsinformationsdienst unter dem Thema Maligne Lymphome zusammengestellt.
- Neuroendokrine Tumoren des Magen-Darm-Trakts (GEP-NET) entwickeln sich aus hormonproduzierenden Zellen des Verdauungssystems. Der Krebsinformationsdienst hat eine Liste mit Broschüren zum Thema neuroendokrine Tumoren im Verdauungstrakt zusammengestellt.
Nicht zu den Darmtumoren zählen die Analkarzinome am äußeren Darmausgang. Sie gehören zu den Krebsarten, an deren Entstehung humane Papillomviren beteiligt sind, mehr dazu im Text HPV als Krebsrisiko.
Darmkrebsentstehung: Ein langwieriger Prozess
Ein Darmtumor entsteht in der Regel nicht von heute auf morgen: Oft dauert es viele Jahre oder Jahrzehnte, bis sich Krebs entwickelt. Häufig geht eine bösartige Veränderung zunächst von einer einzelnen Zelle aus. Mehrere Fehler im genetischen Material verändern im Laufe der Zeit ihr Wachstumsverhalten. Sind die Veränderungen zu schwerwiegend, dann stirbt die Zelle ab oder wird vom körpereigenen Immunsystem als schädlich erkannt und vernichtet.
Erst wenn sie diesen Kontrollmechanismen entgeht, kann sie sich trotz ihrer genetischen Veränderungen weiter teilen. So gibt sie ihre neuen Eigenschaften an Tochterzellen weiter, die sich weiter vervielfältigen und schließlich eine bösartige Geschwulst mit eigener Blutversorgung bilden.
Aus Untersuchungen weiß man, dass Darmkrebs meist aus zunächst gutartigen Vorstufen hervorgeht. Diese sind bei einer Darmspiegelung als kleine Wucherungen der Darmschleimhaut sichtbar, als sogenannte Polypen. Unter dem Mikroskop zeigt sich, dass die meisten dieser gutartigen Geschwulste sogenannte Adenome sind, andere Formen von Darmpolypen kommen seltener vor. Einige dieser Polypen würden vermutlich harmlos bleiben. Nur ein Teil scheint sich – so der bisherige Wissensstand – über einen längeren Zeitraum und in mehreren Schritten zum Karzinom zu entwickeln. Heute kennt man zudem mehrere aufeinanderfolgende, charakteristische Genveränderungen, die hinter dieser schrittweisen Entwicklung stehen.
Die zuverlässigste Früherkennungsmethode, mit der man bereits die gutartigen Vorstufen erkennen und entfernen kann, ist zurzeit die Darmspiegelung. Sie steht in Deutschland Frauen ab dem Alter von 55 Jahren und Männern ab 50 Jahren zur Verfügung. Alternativ können Interessierte einen Test auf verstecktes Blut im Stuhl durchführen lassen, mehr dazu im Kapitel Früherkennung von Darmkrebs.
Welche Möglichkeiten gibt es zur Früherkennung von Darmkrebs? Die wichtigste Untersuchung ist die Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt. Aber auch ein Stuhltest auf nicht sichtbares Blut gehört zum gesetzlichen Früherkennungsprogramm in Deutschland. Wer hat Anspruch auf diese Untersuchungen? Wie zuverlässig sind sie? Gibt es Alternativen zur Darmspiegelung? Hintergründe bietet der folgende Text.
Früherkennung von Darmkrebs: Diese Angebote gibt es in Deutschland
Ab dem Alter von 50 Jahren hat in Deutschland jeder Versicherte Anspruch auf regelmäßige Untersuchungen zur Früherkennung von Darmkrebs. Sie sind Teil des gesetzlichen Früherkennungsprogramms. Die Kosten werden daher von den gesetzlichen wie auch von den privaten Krankenkassen übernommen. Solche Früherkennungsuntersuchungen für große Gruppen Gesunder bezeichnet man auch als „Screening“.
Experten schätzen die Früherkennung als sinnvoll ein: Wenn Darmkrebs in einem frühen Stadium erkannt wird, sind die Heilungsaussichten gut. Und: Bei einer Darmspiegelung können sogar Krebsvorstufen entfernt werden, bevor sie sich zu einem Tumor entwickeln. Diese Untersuchung kann deshalb eine echte „Krebsvorsorge“ sein und vor Krebs schützen.
Der Nutzen und auch die Risiken der verfügbaren Untersuchungen werden fortlaufend in Studien untersucht. Wissenschaftler prüfen aber auch, ob neuere Untersuchungsverfahren zur Früherkennung von Darmkrebs geeignet sind.
Welche Untersuchungen gehören dazu?
Test auf nicht sichtbares Blut im Stuhl: Ab dem Alter von 50 Jahren können Männer und Frauen jährlich ihren Stuhl untersuchen lassen, ab 55 Jahren alle 2 Jahre. Der Grund: Darmtumoren bluten häufiger als gesunde Darmschleimhaut. Sogenannte immunologische Stuhltests (iFOBT) weisen auch kleinste Blutmengen im Stuhl nach, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind.
Darmspiegelung: Für Männer ab 50 Jahren und Frauen ab 55 Jahren wird im Früherkennungsprogramm eine Darmspiegelung angeboten. Sie ist zuverlässiger als der Stuhltest. Ärzte schauen dabei den Darm mit einem Endoskop von innen an. Krebsvorstufen können sie bei der Untersuchung sofort entfernen. Die Darmspiegelung heißt fachsprachlich Koloskopie.
- Warum können Männer früher teilnehmen als Frauen? Studien haben gezeigt, dass ihr Risiko in diesem Alter bereits etwas höher ist als das von Frauen.
Ist das Ergebnis unauffällig, reicht es, wenn man die Untersuchung nach frühestens 10 Jahren noch einmal in Anspruch nimmt. Insgesamt haben Frauen und Männer im Früherkennungsprogramm Anspruch auf zwei Darmspiegelungen. Lässt man die erste Untersuchung erst ab dem Alter von 65 Jahren durchführen, dann hat man keinen Anspruch auf eine zweite Darmspiegelung.
iFOBT = Immunologischer Stuhltest auf verstecktes Blut, die Abkürzung steht für immunologischer fäkaler Okkultbluttest, ab dem Alter von 50 Jahren zur Krebsfrüherkennung
Koloskopie = Darmspiegelung; zur Untersuchung bei Beschwerden oder Symptomen; zur Krebsfrüherkennung für Männer ab dem Alter von 50 Jahren, für Frauen ab 55 Jahren
Wichtig: Wer die Koloskopie nach Abwägung aller Vor- und Nachteile ablehnt, kann alternativ regelmäßig einen Stuhltest machen.
Abtasten des Enddarms (nicht mehr Teil der Darmkrebs-Früherkennung): Nicht mehr Teil des gesetzlichen Programms zur Früherkennung von Darmkrebs ist das Abtasten des Enddarms. Bei der Untersuchung können Ärzte unter Umständen Veränderungen im letzten Darmabschnitt bemerken. Der Nachteil: Tumoren können auch in Darmabschnitten entstehen, die sich nicht ertasten lassen. Je nach Situation führen Ärzte die Untersuchung aber weiter durch, zum Beispiel bei der Untersuchung der Prostata bei Männern oder bei Frauen im Rahmen der gynäkologischen Untersuchung.
Beschwerden? Vorerkrankungen? Krebs in der Familie?
Die Regelungen zur Krebsfrüherkennung gelten für gesunde Menschen. Was tun, wenn man Beschwerden hat? Welche Empfehlungen gibt es für Menschen, in deren Familie bereits Darmkrebs oder Darmkrebsvorstufen aufgetreten sind? Was gilt für Menschen mit besonderen Risikofaktoren, etwa einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung?
- Wer Beschwerden hat oder auffällige Veränderungen bemerkt, sollte nicht bis zum nächsten „Vorsorge“-Termin warten, sondern gleich zum Arzt gehen. Welche Warnzeichen sollte man ernst nehmen? Dazu gehören Blut im Stuhl, andauernde Veränderungen der Stuhlgewohnheiten oder wiederholte stärkere Bauchschmerzen. Diese Symptome können auch auf andere Darmerkrankungen hinweisen. Sie sollten dennoch vom Arzt untersucht werden.
- Betroffene, bei denen es möglicherweise besondere Risiken für Darmkrebs gibt, sollten mit ihren Ärzten besprechen, ob sie früher mit regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen beginnen und nicht erst mit 50 Jahren. Mehr dazu lesen Interessierte auch im Text Darmkrebs: Risikofaktoren und Vorbeugung.
Wohin gehen zur Beratung und Früherkennung?
Einladung und Beratung: Personen, die die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen erfüllen, erhalten von ihrer Krankenkasse in regelmäßigen Abständen eine Einladung zur Darmkrebsfrüherkennung. Außerdem können sie ein Beratungsgespräch beim Arzt in Anspruch nehmen.
Teilnahme ohne Einladung: Die Teilnahme am Screening-Angebot ist aber nicht vom Einladungsschreiben abhängig. Das heißt, sobald man das betreffende Alter erreicht hat, kann man die Früherkennungsuntersuchungen nutzen, auch wenn man das Einladungsschreiben noch nicht erhalten hat.
Wohin zum Stuhltest? Erste Ansprechpartner für die Darmkrebsfrüherkennung sind der Hausarzt oder die Hausärztin, bei Frauen auch der behandelnde Gynäkologe oder die Gynäkologin. Diese Ärzte informieren auch zu Nutzen und Risiken der Früherkennung. Wenn man sich dafür entscheidet, geben sie ein Stuhlproben-Entnahmeset für den Test auf verstecktes Blut mit nach Hause.
Wohin zur Darmspiegelung? Zur Darmspiegelung müssen Haus- oder Frauenarzt hingegen überweisen: Die Koloskopie darf nur von Medizinern durchgeführt werden, die eine besondere Weiterbildung und Qualifikation für diese Untersuchung nachgewiesen haben. Auch die Ausstattung und die Abläufe in der Praxis müssen entsprechend geregelt und zertifiziert sein.
Für Fachkreise und Interessierte: Details zur Darmkrebsfrüherkennung mit Einladungsverfahren
Recht auf Nichtwissen?
Die Darmkrebsfrüherkennung ist keine Pflicht: Niemand muss teilnehmen. Wer sich gegen eine Früherkennungsuntersuchung entscheidet, verliert deshalb nicht seinen Versicherungsschutz. Auch wenn man später an Darmkrebs erkrankt, wird man bei der Behandlung im Krankenhaus oder der Arztpraxis nicht benachteiligt. Über die Vor- und Nachteile der „Krebsvorsorge“ Bescheid zu wissen hilft aber bei der Entscheidung, ob man teilnimmt oder nicht.
Darmkrebs trotz Früherkennung?
Auch wenn die Früherkennungsuntersuchungen heute eine hohe Qualität haben – hundertprozentige Sicherheit bieten sie nicht. Rein statistisch lässt es sich nie ganz ausschließen, dass auch Menschen an Darmkrebs erkranken, die regelmäßig zur „Vorsorge“ gegangen sind und sehr gesund gelebt haben.
Schnelltest auf Blut im Stuhl: Ab 50 Jahren
Zum gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramm in Deutschland gehört ein Test auf nicht sichtbares Blut im Stuhl. Wer möchte, kann diese Untersuchung im Alter von 50 bis 54 jährlich durchführen lassen. Die gesetzlichen wie die privaten Krankenkassen übernehmen die Kosten. Ab 55 bezahlen die Krankenkassen den Test alle zwei Jahre. Ansprechpartner sind Hausärzte, bei Frauen auch Gynäkologen, bei Männern Urologen.
Worauf beruhen diese Tests?
Tumore im Darm bluten häufig. Auch Darmpolypen – die Krebsvorstufen sein können – bluten manchmal. Das Blut wird dann oft mit dem Stuhl ausgeschieden. Meist ist die Menge aber so gering, dass man es mit bloßem Auge nicht erkennt. Dieses nicht sichtbare („okkulte“) Blut im Stuhl kann man mit sogenannten Stuhltests nachweisen.
Bis März 2017 waren Tests in Gebrauch, die das Blut mit einer biochemischen Methode nachweisen. Man bezeichnet sie als Guajak-Test oder „guajakbasierten fäkalen Okkultbluttest“, abgekürzt gFOBT.
Seit dem 1. April 2017 können Versicherte neuere Stuhltestverfahren in Anspruch nehmen: Die sogenannten quantitativen immunologischen Stuhltests weisen Blut im Stuhl mithilfe von Antikörpern nach. Diese binden spezifisch an den Blutfarbstoff Hämoglobin. Ein Vorteil dieser Tests: Sie weisen tatsächlich nur menschliches Blut nach und sind deshalb weniger störanfällig.
Diese neuen Verfahren bezeichnet man fachsprachlich als „immunologische fäkale Okkultbluttests“, abgekürzt iFOBT, manchmal auch als „fäkale immunchemische Tests“, abgekürzt FIT.
Wichtig zu wissen: Es gibt auch qualitative Stuhltests. Diese übernehmen Krankenkassen im Rahmen der gesetzlichen Früherkennung nicht. Der Grund: Quantitative Stuhltests ermöglichen eine bessere Bewertung und Sicherung der Qualität des gesetzlichen Darmkrebsfrüherkennungsprogramms als qualitative Tests.
- Achtung: Nicht mit den immunologischen Tests zu verwechseln sind andere neue Methoden zur Untersuchung von Stuhlproben. Sie befinden sich noch in der Entwicklung und ersetzen die „klassische“ Früherkennung bisher nicht, mehr dazu im vorletzten Abschnitt „Molekularbiologische Stuhl- und Bluttests: Noch nicht ausreichend untersucht“.
Wie wird der Stuhltest durchgeführt?
Für den Test bekommt man ein Stuhlproben-Entnahmeset mit nach Hause. Frauen, die ihre Periodenblutung haben, sollten den Test erst mehrere Tage danach durchführen, wenn die Blutung sicher aufgehört hat.
Mit dem Stuhlentnahmeset sammelt man eine Stuhlprobe, wie in der beigefügten Anleitung beschrieben. Möglichst bis zum nächsten Tag gibt man die Probe in der Arztpraxis ab. Zur Auswertung wird sie an ein Labor geschickt. Bis das Ergebnis vorliegt, können mehrere Tage vergehen. Eine Benachrichtigung von Arzt oder Ärztin erhält man normalerweise nur, falls etwas Auffälliges gefunden wird.
Wie geht es weiter, wenn das Ergebnis des Stuhltests positiv ist, wenn also Blut nachgewiesen wird?
Wenn Blutbeimengungen im Stuhl gefunden wurden, dann muss die Ursache durch weitere Untersuchungen geklärt werden. Dazu gehört vor allem die Darmspiegelung, mehr dazu im Text „Darmkrebs: Was tun bei Krebsverdacht?“. Bei der Entscheidung für oder gegen einen Stuhltest sollte man sich also auch überlegen, ob man bereit ist, bei einem auffälligen Ergebnis eine Darmspiegelung machen zu lassen.
Blut im Stuhl = Krebs?
Wenn der Test Blut im Stuhl anzeigt, bedeutet das nicht automatisch Krebs: Oft hat die Blutung andere, harmlosere Ursachen: zum Beispiel Hämorrhoiden oder Darmentzündungen.
Wie zuverlässig sind die gängigen Tests auf verstecktes Blut?
Der Nachweis von Blut im Stuhl muss nicht gleich Krebs bedeuten: Nur bei einem kleinen Teil derer, bei denen der Test angeschlagen hat, finden die Ärzte durch weitere Untersuchungen tatsächlich einen bösartigen Tumor. Bei den übrigen hat die Blutung andere Ursachen: zum Beispiel Polypen im Darm, Hämorrhoiden oder Darmentzündungen. Polypen können allerdings Vorstufen von Krebs sein: Werden sie entfernt, dann entsteht Krebs unter Umständen erst gar nicht.
Wichtig ist aber auch: Nicht jeder bösartige Tumor blutet. Das bedeutet: Auch wenn kein Blut im Stuhl gefunden wurde, kann eine Krebserkrankung vorliegen.
Tests, die für das gesetzliche Früherkennungsprogramm zugelassen werden, müssen bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen:
- Sie dürfen nicht zu oft falschen Alarm schlagen und damit Betroffene unnötig belasten („falsch positive“ Ergebnisse).
- Sie müssen aber dennoch mit einer gewissen Zuverlässigkeit Betroffene mit Darmkrebs oder fortgeschrittenen Krebsvorstufen erkennen.
Zugelassen werden nur solche Tests, deren Spezifität bei mindestens 90 Prozent liegt. Das bedeutet: Bei höchstens einer von zehn Personen, bei denen der Test anschlägt, darf ein falscher Alarm vorliegen. Die Empfindlichkeit muss dagegen bei mindestens 25 Prozent liegen. Das bedeutet: Bei mindestens 25 von 100 Betroffenen mit einem Darmtumor oder einer fortgeschrittenen Krebsvorstufe muss der Test anschlagen.
Was bringt der Stuhltest?
Hochwertige vergleichende Studien an großen Bevölkerungsgruppen haben ergeben: Wird der Test regelmäßig wiederholt, dann sinkt auf lange Sicht die Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu sterben. Diese Studien wurden zwar noch mit den älteren biochemischen Tests durchgeführt. Fachleute gehen aber davon aus, dass die Ergebnisse auf die neueren immunologischen Tests übertragbar sind. Denn vergleichende Studien der beiden Testverfahren zeigen: Die immunologischen Stuhltests sind noch empfindlicher und genauer als die bisher genutzten Tests – sie zeigen Blut im Stuhl zuverlässiger an.
Fachleute haben anhand der bisher veröffentlichten Studien Modellrechnungen durchgeführt, die den Nutzen der Untersuchung darstellen. Sie unterscheiden dabei zwischen Frauen und Männern, da ihr Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, unterschiedlich hoch ist. Die Schätzungen beziehen sich außerdem auf bestimmte Altersgruppen.
Für Frauen gilt: Wenn 1.000 fünfzigjährige Frauen über zehn Jahre regelmäßig Stuhltests machen, dann haben 340 von ihnen irgendwann ein auffälliges Testergebnis. Sie werden zu einer Darmspiegelung eingeladen.
Bei 223 von ihnen ist das Ergebnis der Darmspiegelung unauffällig. Sie müssen erst zehn Jahre später wieder eine Früherkennungsuntersuchung durchführen.
Bei 114 Frauen finden die Ärzte dagegen Darmpolypen, von denen ein Teil als Krebsvorstufe gilt. Diese werden entfernt. Wann die nächste Untersuchung stattfinden sollte, hängt von der Menge und Beschaffenheit der Polypen ab. Drei der Frauen erhalten die Diagnose Darmkrebs und müssen behandelt werden, mehr dazu im Text „Behandlungsmöglichkeiten bei Darmkrebs“. Bei zwei der 1.000 Frauen dagegen übersieht der Stuhltest bereits vorhandenen Krebs, dieser wird dann erst aufgrund von Beschwerden festgestellt.
- Insgesamt schätzen Fachleute: Machen 1.000 Frauen regelmäßig über zehn Jahre Stuhltests, wird von ihnen innerhalb dieser Zeitspanne bis zu eine Frau weniger an Darmkrebs sterben.
Für Männer gilt: Wenn 1.000 Fünfzigjährige zehn Jahre lang regelmäßig Stuhltests machen, dann werden 340 von ihnen aufgrund eines auffälligen Ergebnisses zur Darmspiegelung eingeladen. Bei 180 von diesen Männern finden die Ärzte bei der Koloskopie nichts Auffälliges. Sie müssen erst zehn Jahre später wieder eine Früherkennungsuntersuchung durchführen.
Bei 155 Männern werden Darmpolypen entdeckt und entfernt. Von Menge und Beschaffenheit und damit dem Risiko dieser Polypen hängt ab, wann sie die nächste Untersuchung machen lassen sollten. Fünf der Männer erhalten die Diagnose Darmkrebs und müssen behandelt werden. Bei zwei der Männer übersieht der Stuhltest Krebs, dieser wird dann erst später aufgrund von Beschwerden festgestellt.
- Insgesamt schätzen die Experten, dass innerhalb von zehn Jahren bis zu ein Mann weniger an Darmkrebs stirbt, wenn 1.000 Männer regelmäßig Stuhltests machen.
Die hier genannten Zahlen stammen aus der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme.
Darmspiegelung: Zuverlässigste Methode zur Früherkennung
Derzeit haben gesetzlich krankenversicherten Männer ab dem Alter von 50 Jahren Anspruch auf eine Darmspiegelung, Frauen ab 55 Jahren. Die Spiegelung des Darms ist derzeit die zuverlässigste Methode zur Darmkrebsfrüherkennung: Wartet man nicht so lange, bis bereits Beschwerden auftreten, werden rein statistisch Tumoren in einem früheren Stadium gefunden. Für die meisten Betroffenen bedeutet dies, dass die Heilungschancen höher sind. Ein weiterer Vorteil: Krebsvorstufen wie zum Beispiel eine bestimmte Form von Schleimhaut-Polypen – sogenannte Adenome – können entdeckt und gleich entfernt werden. So wird von vornherein verhindert, dass sie sich zu Krebs weiterentwickeln.
Untersuchung ambulant möglich
Die Darmspiegelung kann in der Regel ambulant durchgeführt werden. Die Untersuchung dürfen nur Mediziner durchführen, die eine entsprechende Weiterbildung und eine bestimmte Anzahl von regelmäßigen Koloskopien nachweisen können. Dies sind meist Fachärzte für innere Medizin mit einer Spezialisierung für Erkrankungen des Verdauungstraktes, sogenannte Gastroenterologen. Haus- oder Frauenarzt können eine Überweisung ausstellen.
Zur Vorbereitung muss man den Darm vollständig entleeren. Wie diese Darmreinigung durchgeführt wird und was man einige Tage vor der Untersuchung beim Essen beachten sollte, erfährt man vorab über eine schriftliche Aufklärung und das Gespräch mit dem durchführenden Arzt oder der Ärztin.
Was passiert bei der Untersuchung?
Bei der Darmspiegelung selbst untersuchen die Ärzte den gesamten Dick- und Enddarm mithilfe eines Endoskops. Das ist ein etwa fingerdicker, biegsamer Schlauch mit einer kleinen Kamera am Ende. Über einen Monitor können die Ärzte die Bilder aus dem Darminneren beurteilen. Wenn man möchte, kann man die Untersuchung auf diesem Monitor auch selbst mitverfolgen.
Finden sich verdächtige Gewebewucherungen, dann werden sie sofort entfernt. Dies geschieht mit kleinen Instrumenten, die sich ebenfalls durch den Schlauch einschieben lassen. Entnommene Proben werden im Labor auf Krebszellen oder andere Veränderungen untersucht.
Mit den heutigen Geräten, die mit weichen Schläuchen und winzigen Instrumenten arbeiten, ist die Untersuchung unangenehm, aber selten schmerzhaft. Wer trotzdem Angst vor der Darmspiegelung hat, kann mit seinem Arzt oder seiner Ärztin vorher darüber sprechen: Vor Beginn der Untersuchung bekommt man dann ein sehr kurz wirksames Narkosemittel und verschläft die Untersuchung weitgehend.
Wie ist der genaue Ablauf der Untersuchung? Was muss man bei der Vorbereitung beachten? Wie unangenehm oder schmerzhaft ist eine Koloskopie? Wie lange dauert es, bis die Befunde vorliegen? Diese und weitere Informationen finden Interessierte im Text „Darmspiegelung: Bilder aus dem Darm“.
Wie geht es nach der Koloskopie weiter?
Finden die Ärzte bei der Untersuchung keine auffälligen Veränderungen, dann muss man die Darmspiegelung erst nach zehn Jahren wiederholen. Nach diesem Zeitraum wird sie auch von der Krankenversicherung zur Früherkennung ein weiteres Mal bezahlt. Warum reicht ein so langer zeitlicher Abstand aus? Darmkrebs entsteht meist aus zunächst gutartigen Gewebewucherungen – sogenannten Polypen – und wächst in der Regel sehr langsam.
Polypen als Krebsvorstufe
Finden sich dagegen Polypen, die eine Krebsvorstufe sein könnten, dann werden sie in der Regel gleich während der Untersuchung entfernt. Einer Krebsentstehung ist damit zwar vorgebeugt. Trotzdem muss die Darmspiegelung zur Sicherheit in kürzeren Abständen wiederholt werden: meist nach drei bis fünf Jahren, eventuell auch früher. Abhängig ist der Zeitabstand davon, wie weit sich die Krebsvorstufen bereits entwickelt hatten und wie viele gefunden wurden.
Was ist, wenn Arzt oder Ärztin bei der Untersuchung bereits eine größere Geschwulst finden, die sich endoskopisch nicht gleich entfernen lässt? Sie entnehmen dann eine Gewebeprobe.
- Das weitere Vorgehen hängt davon ab, welche Ergebnisse die Begutachtung dieser Probe unter dem Mikroskop ergibt. Gegebenenfalls kommen weitere Untersuchungen hinzu, mehr dazu im Text „Darmkrebs: Untersuchungen bei Krebsverdacht“.
Wie zuverlässig ist die Darmspiegelung?
Der Nutzen und die Risiken der Darmspiegelung als Früherkennungsuntersuchung werden fortlaufend in Studien geprüft. Die Koloskopie ist derzeit die zuverlässigste Methode, um Darmkrebs und seine Vorstufen zu erkennen.
Selten kann es trotzdem vorkommen, dass bei der Untersuchung Krebsvorstufen oder Krebsherde übersehen werden – vor allem dann, wenn sie sehr klein oder flach sind. Fachleute schätzen, dass etwa fünf von 100 vorhandenen Tumoren übersehen werden.
Wichtig für ein möglichst zuverlässiges Ergebnis ist, dass man selbst die vorherige Darmreinigung sorgfältig durchführt und sich ganz genau an die Vorgaben dazu hält. Außerdem spielt die Erfahrung der untersuchenden Ärzte eine Rolle. Deshalb dürfen in Deutschland nur Mediziner mit einer besonderen Zulassung die Untersuchung durchführen.
Gibt es Risiken?
Die Risiken der Darmspiegelung sind gering: Nur wenige Menschen müssen während der Früherkennungsuntersuchung mit Komplikationen rechnen. Begleitende Studien zeigen, dass etwa ein bis zwei von 1.000 Frauen und zwei bis drei von 1.000 Männern betroffen sind.
Was bedeutet „Komplikationen“?
Möglich sind kleine Blutungen im Darm – vor allem dann, wenn Krebsvorstufen entfernt werden. Solche Blutungen können meist noch während der Koloskopie gestillt werden und sind harmlos. Um das Risiko späterer Nachblutungen zu senken, sollte man sich nach der Entfernung von Polypen einige Tage körperlich nicht zu sehr anstrengen.
Zu schwereren Verletzungen, etwa dem Durchstoßen des Darms mit dem Untersuchungsgerät oder starken Blutungen bei der Entfernung von Polypen, kommt es noch seltener. Sehr selten sind auch Herz-Kreislauf-Probleme, die durch die Kurznarkose entstehen können.
Anders kann es bei Menschen aussehen, die unter Vorerkrankungen leiden oder schon einmal eine Bauchoperation hatten. Bei ihnen ist der Darm unter Umständen weniger beweglich und stärker mit dem umliegenden Gewebe verwachsen.
Wie hoch das persönliche Risiko für Verletzungen des Darms bei der Untersuchung dann ist, können nur die behandelnden Ärzte beurteilen – pauschale Aussagen dazu sind schwer möglich.
Wie beurteilen Fachleute Nutzen und Risiken?
Nutzen überwiegt Risiko
Studien zeigen, dass der Nutzen der Darmspiegelung mögliche Risiken und Nebenwirkungen überwiegt.
Insgesamt sind die meisten Experten in Deutschland wie in anderen Ländern davon überzeugt, dass der Nutzen der Darmspiegelung mögliche Risiken überwiegt. Sie empfehlen daher diese Untersuchung zur Früherkennung von Darmkrebs.
Trotzdem bleiben noch Fragen offen: Hochwertige Studien zur Frage, ob die Koloskopie langfristig die Darmkrebssterblichkeit und die Erkrankungsrate senken kann, sind noch nicht abgeschlossen. Es gibt aber bereits zahlreiche Studien, die darauf hinweisen, und keine Daten, die gegen einen Nutzen sprechen.
Zur aktuellen Einschätzung tragen auch die bevölkerungsbezogenen Statistiken bei: Seit einigen Jahren sinkt in Deutschland sowohl die Zahl der Menschen, die an Darmkrebs erkranken, als auch die Zahl derer, die daran sterben. Fachleute gehen davon aus: Ein Grund dafür ist vermutlich, dass immer mehr Menschen zur Früherkennung gehen.
Experten schätzen anhand von Modellrechnungen:
Eine bis fünf von 1.000 Frauen, die mit 55 Jahren eine Darmspiegelung machen lassen, erkranken bis zum Alter von 65 Jahren nicht an Darmkrebs, weil bei ihr Krebsvorstufen entfernt werden konnten. Eine Frau wird so vor dem Tod durch Darmkrebs bewahrt.
Bei Männern hat die Darmspiegelung bereits in einem Alter von 50 Jahren einen vergleichbaren Nutzen, da ihr Risiko für Darmkrebs früher steigt: Von 1.000 Männern, die mit 50 Jahren eine Darmspiegelung durchführen lassen, erkranken innerhalb der nächsten zehn Jahre einer bis fünf weniger an Darmkrebs, weil Vorstufen rechtzeitig entfernt werden konnten. Ein Mann wird vor dem Tod durch Darmkrebs bewahrt.
Die hier genannten Zahlen stammen aus der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme. Sie beziehen sich auf Menschen, die ausschließlich eine Darmspiegelung zur Früherkennung machen lassen, ohne dass sie vorher einen auffälligen Stuhltest oder andere Warnzeichen hatten.